Gewaltfreie Kommunikation
Die Gewaltfreie Kommunikation, häufig auch nur kurz GFK genannt, wurde in den 1960er Jahren von dem Psychologen und Arzt Marshall Rosenberg entwickelt. Da Rosenberg selbst Schüler von Carl Rogers war, steht das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation in der Tradition der Personzentrierten Gesprächsführung.
Rosenberg ging davon aus, dass Sprache, gerade im Alltagsgebrauch, häufig wertend und verurteilend ausfällt und die eigentlichen Bedürfnisse, die ein Gesprächsteilnehmer in sich trägt und welche dieser besser vermitteln sollte, häufig eher falsch und missverständlich kommuniziert werden. Hierin steckt ebenso die Annahme, dass es nicht nur relevant ist, was jemand sagt, sondern auch wie etwas gesagt wird.
Rosenbergs Konzept ist umfassend anerkannt und findet sowohl in der Paartherapie als auch im Zuge von politischen, diplomatischen Auseinandersetzungen Anwendung. Dabei gilt die GFK keineswegs als besonders aufwendige und komplexe Methode. Und trotzdem scheint es außerordentlich notwendig, sich die Inhalte der GFK für eine gelingende Kommunikation und ein respektvolles und wünschenswertes Miteinander regelmäßig vor Augen zu führen.
Gerade in der Paarberatung stelle ich wiederkehrend fest, dass eine wertschätzende Kommunikation unter den Teilnehmern häufig nicht mehr leicht abrufbar scheint. Gerade in Krisenzeiten stelle ich hier bei Paaren regelmäßig Hürden fest, welche die aktuelle Situation eher verschärfen. Selbstverständlich kann diese Art der verbindenden Kommunikation auch wieder trainiert werden. Es erscheint mir als außerordentlich erfolgsversprechen, wenn dies in Gegenwart eines Beraters erfolgt, der gerade auf die Einhaltung gewisser Spielregeln schaut und diese auch überwacht und gegebenenfalls auch einschreiten kann und gewisse destruktive Kommunikationsmuster, die typischerweise innerhalb der heimischen vier Wände stattfinden, unterbindet.
Studien belegen, dass das Training der Gewaltfreien Kommunikation das Einfühlungsvermögen fördert, was Rosenberg zufolge als die wichtigste Kompetenz zur Lösung von Konflikten gilt. Denn gerade die Fähigkeit Gefühle, Bedürfnisse und Bitten bei dem jeweils anderen als auch bei sich selbst wahrzunehmen, schafft die Möglichkeit, auch bei Streitigkeiten und Konflikten einen respektvollen und angemessenen Umgang zu führen.
Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation umfasst vier simpel anmutende Schritte:
1. Beobachtung: Sachliche und nüchterne Beschreibung der Situation, ohne jede Interpretation und ohne jeden Vergangenheitsbezug. Bspw.: „Du bist heute 30 Minuten zu spät gekommen.“ anstelle von „Immer lässt du mich warten.“
2. Gefühl: Ich-Botschaft, wie ich mich infolge der beschriebenen Beobachtung fühle. Bspw.: „Ich fühle mich hierdurch zurückgesetzt.“
3. Bedürfnis: Ich-Botschaft, welches Bedürfnis hinter diesem Gefühl steckt. Bspw.: „Ich wünsche mir, dass ich dir so wichtig bin, dass du mich nicht warten lässt.“
4. Bitte: Eine möglichst konkrete Bitte, welche das genannte Bedürfnis befriedigen würde: „Ich bitte dich darum, beim nächsten Mal pünktlich zu erscheinen.“
In diesen vier Schritten finden sie, wenig überraschend, keine Verurteilungen, kein Anklagen, keine Verallgemeinerungen, keinen ungezügelten Ausdruck von Zorn und Enttäuschung. Und wie ich eingangs erwähnte kann diese nahezu basale Gesprächsmethode im stressigen Beziehungsalltag viel zu schnell in Vergessenheit geraten. Gravierend hieran ist allerdings, dass sich die Konflikte, um die es ursächlich ging, aufgrund von ungünstiger Kommunikation eher verschärfen.
Tun Sie sich und Ihrem Gegenüber etwas Gutes. Achten Sie auf Ich-Botschaften, achten Sie auf Gefühle und Bedürfnisse auf beiden Seiten und formulieren Sie klare Wünsche. Sie können all dies bereits zuhause anwenden. Ich bin mir sicher, dass Sie ihre Wahrnehmung, was diese Punkte betrifft, schärfen und ihre Kommunikation untereinander verbessern werden. Sie können auch in die Beratung kommen. Dort ist die gewaltfreie Kommunikation ein Element unter vielen anderen, quasi ein Grundbaustein über den viele weitere Prozesse und Erkenntnisse angestoßen werden, die Teil der weiteren Beratung sind. Und ungeachtet dessen, hat sich die Anwesenheit eines Wächters und Hüters genannter Kommunikationsspielregeln schon häufig als ausgesprochen sinnvoll erwiesen. Zu leicht tappt man in alte, unproduktive Verhaltensmuster, aus denen man eigenständig nur schwierig wieder herausfindet. Was auch immer Sie unternehmen, sorgen Sie für sich.